Aus der Geschichte des Dorfes

Unterreichenbach um 1835, Modell im Flößermuseum
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Unterreichenbach um 1835, Modell im Flößermuseum

Alle, die sich gern intensiver mit der Unterreichenbacher Ortsgeschichte befassen möchten, finden hier eine ausführliche Beschreibung der Entwicklung des Dorfes von der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1375 über den Aufstieg Unterreichenbachs zum wichtigen Flößerort und die Erschließung der warmen Quellen des Kapfenhardter Tales bis in die heutige Zeit.

Erstmals erwähnt wird Unterreichenbach im Jahre 1375. In den Akten des Pfarramtes Schömberg findet sich folgende Notiz: "Also wisset Bürger und Leut allerorts - Geschichte und Geschehen das Euch kund sei, die Freuden und Leiden der Vorfahren und Ahnen zu Rychenbach und Thänicht - also genannt wurde unsere Heimat erstmals im Jahre des Herrn Anno 1375 von Heinze Gruupp zu Denjächt, seines Zeichens Reiter am Hofe der Herren von Liebenzell. Also geschah es im gleichen Jahre, dass sein Pferd erkrankte und (er) untröstlich seines Kummers seine Freunde zu Reichenbach um Rat und Hilfe bat. Eingedenk des Gotthuses zu Schömberg - selbiges in gar großer Not - rieten weiland die Freunde zu Reichenbach zur Ehre Gottes ein Fass köstlichen Inhalts zu schenken den darbenden Brüders. So es geschah Anno 1375 zu Rychenbach und Thänicht. Zu Urkunde gegeben, verbrieft und gesiegelt anno 1375 im Gotthus zu Schömberg."

Vermutlich aber bestand an der Einmündung des Reichenbaches (früher: Eulenbach!) in die Nagold gelegene Ort bereits um 800. - Da der Hirsauer Codex den Eulenbach als Grenze der Besitzungen der Grafen von Calw angibt, scheint das Land nördlich des Eulenbaches mit Unterreichenbach den Herren von "Crähenegge", der später entstandene Südteil unseres Dorfes hingegen - sowie die Ortsteile Dennjächt und Thann - den Grafen von Calw gehört zu haben.

Auf ein früheres Bestehen des Ortes weist auch eine in die jetzige Kirche eingemauerte Urkunde hin, welche den Bau der alten Unterreichenbacher Kirche um 1250 angibt. Ein 1949 gefundenes romanisch-germanisches Kapitelchen, das noch aus der alten Kirche stammt, sowie ein beim Umbau der Kirche 1894/95 verlorengegangener Taufstein gleichen Stils sprechen ebenfalls für die Annahme, dass der Ort wesentlich früher als urkundlich erwähnt, bestanden haben dürfte.

Ein genauer Nachweis über die Entstehung Unterreichenbachs wird jedoch wohl kaum mehr zu erbringen sein.

Vom 14. bis 16. Jahrhundert erlebte der Ort einen Aufschwung durch die zunehmende Bedeutung des Badelebens. Die Erschließung der warmen Quellen des Kapfenhardter Tales (Gaisbrünnele, Heiligenbrunnen und Gutbrunnen) verhalf dem kleinen Ort zu bescheidenem Wohlstand. Noch 1790 berichtete der Liebenzeller Oberamtmann Heller, dass die Besucherzahl im Kapfenhardter Tal größer sei als in seinem Badeort. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts aber war das hiesige Badeleben erloschen: eine mit 21 ° Celsius angegebene Heilquelle (Gutbrunnen) wurde durch einen Erdrutsch verschüttet.

Als im 14. Jahrhundert die Pforzheimer Flößerkolonie Au, das Zentrum der Flößerei auf den Flüssen Enz, Nagold und Würm, niederbrannte, siedelten viele Pforzheimer Flößerfamilien nach Unterreichenbach um. Dadurch wurde das Dorf zu einem wichtigen Flößerort. Beim Haisch`schen Mühlehof befand sich die Floßumbindestelle, wo die in Kohlerstal oberhalb Calws eingebundenen Flöße neu zusammengestellt wurden. Übernachtungsmöglichkeiten boten sich den Flößern in den Wirtschaften "Waldhorn" und "Löwen". Manche jungen Flößerknechte reisten auf diesen Flößen sogar bis nach Rotterdam. Meistens aber gingen die Flößer in Bietigheim oder Heidelberg vom Floß, um einer neuen Mannschaft Platz zu machen. Sie ließen sich auszahlen und kehrten zu Fuß zurück. Wieviel sie allerdings von ihrem Lohn nach diesem langen und durstigen Heimweg noch nach Hause brachten, weiss kein Chronist zu sagen ...

In der Zeit des Niedergangs der Flößerei lebten - nach Auskunft älterer Bewohner - noch 4 Flößerfamilien im Oberdorf, die alle Gengenbach hießen. Ein gewisser Bohnenberger, der krankheitshalber nicht mehr als Flößer arbeiten konnte, fertigte für sie die Flößerstangen an. Einer der letzten hier lebenden Flößer war der am 6. April 1919 verstorbene Johann Georg Gengenbach. Herr Karl Haisch vom Mühlehof weiss von der letzten Floßfahrt (1911?) auf der Nagold zu berichten, die er als junger Bursche noch mitgemacht hatte. Zwei Jahre später - 1913 - fuhr auch auf der Enz das letzte Floß hinunter und damit war dann das Flößergewerbe im Schwarzwald erloschen. Das sich immer weiter ausdehnende Netz der Eisenbahnlinien hatte die Flößerei überflüssig gemacht.

Dafür erlebten neue Berufe, insbesondere die Schmuckwarenherstellung, größte Erweiterung. Der damit verbundene Einfluss von Pforzheim blieb bis auf die heutige Zeit erhalten. Mit dem Rückgang der Landwirtschaft (da 1850 das früher von Weißenstein erworbene Land wieder abgetreten worden war, entfielen 1886 auf einen Einwohner nur noch 1,1 Morgen Land!) musste man sich um die Ansiedlung geeigneter Industriebetriebe bemühen. Heute kann Unterreichenbach 1 Sägewerke, 1 Maschinenfabrik, 1 Honigfabrik sowie einige Handwerksbetriebe und einige vorweisen.